An der Juliastraße,
die jetzt 14 Meter unter der Bahnunterführung liegt, erklärte
ein ehemaliger Eisenbahner, dass früher Straße und
Bahntrasse an der Köln-Mindener-Eisenbahn auf einer Ebene
lagen. Durch Bergsenkungen ist dieser Niveau-Unterschied im Laufe
der Zeit entstanden. Vor Haus Nazareth wurde die Entstehung des
ehemaligen katholischen Klosters geschildert, das heute ein Pflegeheim
ist.
Gegen 12.00
Uhr trug Wolfgang Viehweger im Haus Deese die Geschichte der Dorneburg
und ihrer Besitzer vor, welche die Gutsherren von Holsterhausen
waren. Um 1225 wurde der Adelssitz von Conrad von Dorneburg, genannt
"Aschebrock", gegründet. Als die Dorneburger um
1500 im Mannesstamm ausstarben, heiratete Johann von Loe aus der
Nähe von Marl die reiche Erbtochter und nannte sich fortan
Johann von Loe und Dorneburg. In diesem Zusammenhang las Wolfgang
Viehweger die seltsame Lebensgeschichte der Judith von Loe und
Dorneburg vor, der "Jeanne d'Arc des Ruhrgebiets", wie
sie auch genannt wird. Ihr Lebenslauf als Erbtochter geriet durch
den 30-jährigen Krieg und die Nachkriegswirren in ungewöhnliche
Bahnen. Als im Haus Loe bei Marl schwedische Truppen einquartiert
waren, lernte sie durch die Soldaten das Reiten, Fechten und Schießen
und zog 1668 mit den Schweden in das Hauptquartier in Bremen.
Im Dragoner-Regiment ihres Obersten (und Liebhabers) gab sie sich
als Mann aus und brachte es bis zum Rittmeister der schwedischen
Armee. Im Jahr 1705 kehrte Judith in die Heimat zurück, bekam
eine Entschädigung für das entgangene Erbe und lebte
danach als Mitglied der Willibrodis-Kirchengemeinde in Wesel als
fromme Klausnerin. 1721 starb diese ungewöhnliche Frau. Am
Schluss der Lesung kam es zu einer Überraschung: Der Heimatfreund
Wilhelm Kleffmann hatte drei Alben mitgebracht, worin u.a. Postkarten
und Bilder der Dorneburg enthalten waren, welche im Zweiten Weltkrieg
durch Bomben zerstört wurde. Wegen der Gaveg-Werke war Holsterhausen
ein besonderes Ziel der alliierten Bomber.
Um 13.30 Uhr endete die Lesung. Zur Freude der Veranstalter erklärten
einige Nichtmitglieder ihre Bereitschaft, in den nächsten
Tagen dem Herner Netz beizutreten und die kulturelle Arbeit dieses
Vereins zu unterstützen.
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Judith von Loe und Dorneburg
(Zeichnung von Wolfgang Ringhut)
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