Gerd Neweling und Wolfgang Viehweger vor den
Bismarck-Stuben in Herne-Baukau. Foto:Ingeborg Viehweger
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Im Jahr
1896 teilte der Restaurantbesitzer und Bäcker Theodor Neweling,
Cranger Straße in Baukau, seinen Besitz unter seine Söhne
Wilhelm und Josef auf. Da Wilhelm der ältere war, bekam
er das Elternhaus (später: Haus Nierhoff, Cranger Straße
38). Der jüngere wurde ausgezahlt und kaufte von dem Grundstückseigentümer
Westerworth ein Grundstück an der Bismarckstraße
in Baukau in der Größe von ca. 3000 m².
Das Restaurant
des Wilhelm Neweling lag unmittelbar an der Zeche Julia, deren
Geschichte hier kurz erwähnt wird: Der Grubenbesitz der
Zeche Barillon (großes Fass) der belgisch/französischen
Gesellschaft Société civile des Charbonnages
de Herne Bochum mit Sitz in Brüssel und Paris
lag im Stadtteil Baukau auf dem Gelände des heutigen Großmarkts
und der Industrieansiedlung und hatte eine Größe
von ca. 3 km². Die Förderung begann 1869 und betrug
1871 bereits 102 000 t Kohle.
Im November
1889 übernahm die Harpener Bergbau AG die Zeche, welche
jetzt den Namen Julia bekam. Zu Beginn des Ersten
Weltkriegs förderte Julia mit einer Belegschaft von 2000
Mann 550 000 t Kohle. Dazu hatte auch die Fertigstellung des
Rhein-Herne-Kanals beigetragen, der einen schnellen Absatz sicherte.
Am 15. Juni 1961 kam es zur Schließung. Die übrigen
Bergleute wechselten zur Nachbarzeche Recklinghausen II.
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Das
Restaurant des Josef Neweling lag unmittelbar an der Zeche Von der
Heydt, deren Geschichte hier ebenfalls skizziert wird: Im Jahr 1864
erwarb die belgisch/französische Gesellschaft Société
civile des Charbonnages de Herne Bochum unter dem Repräsentanten
Joseph Pierre Monin den Besitz der Mutung von dem Bochumer Kohlenhändler
Wilhelm Endemann. Die künftige Zeche Providence
(Hoffnung) versprach eine gute Entwicklung, da sie nahe an der Köln-Mindener-Eisenbahn
und auch dem Herner Bahnhof lag. Im Dezember 1866 wurde der Betrieb
auf Schacht I aufgenommen, erst 1894 der auf Schacht II. Im Dezember
1889 erwarb die Harpener Bergbau AG in Dortmund die Zeche und änderte
den Namen in den des preußischen Ministers Von der
Heydt. Als die Stadt Herne von 1915 bis 1918 den Bahnhof ausbaute,
wurden alle vorhandenen Gleisanlagen höher gelegt. Das verschlechterte
das Ansteigeverhältnis für die Übergangsgleise
der Zeche und ihre Absatzsituation insgesamt. Am 1. Juli 1918 mussten
somit Förderung und Absatz von der Zeche Julia übernommen
werden.
Bis zum Juli
1940 verblieb die Zeche im Besitz der Harpener Bergbau AG. Der
Verbund der Zechen Julia und Von der Heydt endete am 15. Juni
1961. Übrig blieben danach nur noch die Bauabteilung und
die Markscheiderei (das Vermessungsbüro) der Zeche Recklinghausen
am Harpener Weg in Baukau.
Am 11. Mai
1897 heiratete Josef Neweling Therese Uhle aus Paderborn. Die
Tochter des Bauunternehmers Karl Uhle und seiner Ehefrau Ida,
geborene Stolte, brachte viel Geld mit in die Ehe. Seit 1898 führten
die beiden auf der Bismarckstraße 2 ( die Nr. 1 hatte das
alte Amtshaus) ein Restaurant, angeschlossen waren eine Drogerie,
daneben ein Kolonialwarengeschäft mit Delikatessen.
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Haus Neweling
um 1917
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St. Marien
Kirche um 1917
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Interessant
ist, dass St. Marien in Baukau später entstand als das Restaurant
Neweling. Die Marienkirche in Baukau, Bismarckstraße 72,
die dem Restaurant Neweling direkt gegenüber steht, ist in
den Jahren 1899-1908 vom Architekten Wielers aus Bochum begonnen
worden. Einwölbung und Erweiterung des Westwerks von 1908
sind dem Architekten Franz Klomp aus Dortmund zu verdanken. Das
angerenzende Pfarrhaus errichtete 1902 der Bauunternehmer Lehmann
aus Recklinghausen. St. Marien ist ein neugotischer Massivbau
in Ziegelsicht-Mauerwerk, konstruiert als dreischiffige Hallenkirche.
Das Westwerk ist gestaltet als Zweiturmfassade mit repräsentativem
Portal in Ziegel-Mosaiktechnik. Der Portalgiebel trägt ein
figürliches Relief mit krönender Madonna.
Am
25. April 1898 wurde Sohn Josef geboren, am 1. Januar 1901 Sohn
Paul. Weil beim Tode des Ehemanns am 1. April 1923 ein Testament
fehlte, traten seine Witwe Therese und die beiden Söhne gemeinsam
in die Verwaltung ein. Der Nachlass bestand aus:
1.
dem Wirtschafts-,Geschäfts-und Wohnhaus, Bismarckstraße
75, mit großem Hofraum und Hinterland mit Saalgebäude;
2.
einem Mietwohnhaus, Bismarckstraße 77;
3.
einem halben Anteil am unbebautem Grundstück, Bismarckstraße
70;
4.
dem Gewerbebetrieb der Familie Neweling, bestehend aus der Schankwirtschaft
und einem Lebensmittelgeschäft.
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Geschäftsführer
war seit 1923 der Kaufmann Josef Neweling Junior, während
Sohn Paul im Jahr 1925 das landwirtschaftliche Studium an den
Universitäten Bonn und Münster aufnahm.
Die Drogerie war 1923 aufgegeben worden. Restaurant und Lebensmittelgeschäft
wurden von Mutter Therese und Sohn Josef weitergeführt. 1931
bekam Sohn Paul, der aus Krankheitsgründen sein Studium abgebrochen
hatte, eine Anstellung beim Herner Arbeitsamt.
Mit
viel kaufmännischer Umsicht führte indessen Sohn Josef
das Geschäft auf der Bismarckstraße 75, so dass der
Vermögensbestand auch nicht in den Krisenjahren 1928 bis
1933 gefährdet war. Am 29. Januar 1927 wurde ihm und seiner
Ehefrau Elisabeth, geborene Breuer, der einzige Sohne Gerd geboren.
Als am 23. April 1939 Mutter Therese verstarb, fielen Geschäftsführung
und Vermögensverwaltung an Sohn Josef. Der ledige Sohn Paul
bekam den Hausrat der Mutter und freies Wohnrecht auf der Bismarckstraße
75 auf Lebenszeit.
Im
Jahr 1961 übernahm Sohn Gerd für den kränklichen
Vater die Geschäftsführung (Restaurant und Lebensmittelgeschäft)
zusammen mit seiner Frau Brunhilde, geborene Langhoff. Die beiden
waren verheiratet seit dem 8. September 1953. Als 1974 Vater Josef
starb, hatte sich in Baukau einiges verändert: Mit der Ansiedlung
von GLOBUS und DIVI und weiteren Discountern mit Angeboten auf
großen Flächen musste Gerd Neweling das Lebensmittelgeschäft
aufgeben. Erhalten blieb das Restaurant, dass er bis 1992 führte.
Von 1992 bis 1997 erfolgte die Verpachtung an die Brauerei Rose
in Essen, nach deren Insolvenz der Verkauf des Hauses Bismarckstraße
75 an den Zahnarzt Dr. Heinz-Otto Hoppe aus Herne.
Erhalten
blieben die Schankräume, welche heute den Namen Bismarck-Stuben
tragen.
Gerd Neweling lebt zusammen mit seiner Frau auf einem Teil des
großväterlichen Grundstücks am Harpener Weg 32.
Er hat sein gesamtes Archiv mit Briefen, Urkunden, Bildern, Kaufverträgen
und Lizenzen dem Herner-Netz zur Verfügung gestellt. Der
Grund dafür ist seine Liebe zur Heimatgeschichte. Der Umfang
des Archivs ist so groß, dass das Herner-Netz zur gegebenen
Zeit eine Bild-und Dokumentenausstellung machen wird, die besonders
für die Baukauer interessant sein dürfte.
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Haus Neweling um 1930
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