Der Absturz eines Stars
Die seltsame Geschichte der Spitfire

Wolfgang Ringhut und Wolfgang Viehweger


Spitfire im Flug
(Bildbericht von Max Dohner, in: Aargauer Zeitung vom 20. Juli 2005)

Als Hermann Göring im Jahr 1942 den Inspekteur der Luftwaffe, General Adolf Galland, fragte, wie die Luftschlacht um England zu gewinnen sei, soll der in seiner unverblümten Art geantwortet haben: "Rüsten Sie die deutschen Geschwader mit der Spitfire aus!"

Der Name "Spitfire" ist die englische Übersetzung von "Cacafuego" und bedeutet "Feuerscheißer". So hieß eine 1579 von Sir Francis Drake aufgebrachte spanische Schatzgaleone. Diesen Namen wählte 1935 der Chefkonstrukteur Reginald J. Mitchell, als er begann, mehr als 20 000 Spitfire aller Varianten zu bauen, die bis weit in die 50er Jahre ihren Dienst taten.
Der Star war ein einsitziger Abfangjäger, welcher im Zweiten Weltkrieg von der Royal Air Force eingesetzt wurde. Inspiriert von der Heinkel He 70, einem deutschen Schnellverkehrsflugzeug, dessen aerodynamische Auslegung und Konstruktion allen damaligen Flugzeugen überlegen war, entschied sich Mitchell für eine elliptische Flügelform. Den Motor lieferte die Firma Rolls Royce. Es war der "Rolls-Royce-Merlin-Motor".

Technische Daten:

Erstflug des Abfangjägers: 5. März 1936
Länge über alles: 9,12 m
Spannweite: 11,23 m
Höhe über alles: 3,86 m
Motorleistung: 1470 PS
Geschwindigkeit: 602 km/h
Reichweite: 756 km
Bewaffnung: 2 x 20 mm-Kanonen und 4 Maschinengewehre
Gipfelhöhe: 11280 m

Dieses Wunderwerk der damaligen Zeit half "The Battle of Britain" zu gewinnen. Kriegsminister Winston Churchill soll erstmals sein berühmtes Siegeszeichen (Victory-Zeichen) gemacht haben, als er 1943 von einer Staffel Spitfire in London überflogen wurde. Heute existieren noch 19 flugfähige Modelle der Spitfire, die in Großbritannien als ein stilprägendes Objekt der Ingenieurskunst und als Symbol des Widerstands gegen Nazi-Deutschland in den Erzählungen fortlebt. Umso schlimmer traf es die Inselbewohner, dass die Verantwortlichen der Luftfahrtindustrie es versäumt hatten, die Marke und alle Rechte an ihrem Nationalsymbol zu sichern. Das brachte den Schweizer Alexander Triebold, Spross eines Uhrenfabrikanten aus dem Aargau, auf den Gedanken, sich im Jahr 2005 diese Rechte zu beschaffen, um mit der Spitfire in der Schweiz Werbung zu betreiben.

Am 27. August 2005 fliegt die historische Spitfire MK Vb BM 597 von Duxford nach St. Moritz. Pilot ist Clifford Rodney Spink (57 Jahre), der RAF-Kommandant im Falklandkrieg war. Die bitische Presse tröstet sich damit, dass ihr technisches Prunkstück nicht von einem Deutschen aufgekauft worden ist und in einer Sendung des Wettkönigs Thomas Gottschalk auf irgendeiner Bühne auftaucht.
Dennoch tut es ehemaligen RAF-Piloten weh, dass die Spitfire, die in dem Standardwerk "Design of the 20. Century" als perfektes und zeitloses Modell gepriesen wird, jetzt auf ihre letzte (Werbe-)Schlacht in die Schweiz fliegen wird.

(Quelle: Aargauer Zeitung vom Mittwoch, dem 20. Juli 2005, Seite 3)

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