Kaiser Wilhelm I. in Wanne-Eickel

In seinen Erinnerungen schreibt der ehemalige Oberbürgermeister von Herne, Hermann Schaefer, wie er am 24. September 1884 den Kaiser, der zu einer Truppenbesichtigung nach Düsseldorf fuhr, mit anderen Leuten bei einem kurzen Halt am Hauptbahnhof Wanne-Eickel begrüßte.
„Ich zog meine Hauptmannsuniform an und begab mich auf den Bahnsteig. Zunächst fiel mir die Anwesenheit einer erheblichen Zahl von Hotelbesitzern auf. Sodann sah ich etwa zwanzig Pfarrer beider Konfessionen. Es kam mir ein verwegener Gedanke, den ich sofort in die Tat umsetzte. Ich machte die Geistlichen darauf aufmerksam, dass der Kaiser in erster Linie Soldat sei. Die Herren möchten sich doch nicht in zwei ungeordneten Haufen, sondern militärisch aufstellen. Das werde dem greisen Monarchen sicherlich gefallen. Dreist rangierte ich die Herren nach der Größe, ohne Rücksicht auf die Religionszugehörigkeit, in ein Glied, richtete die Linie aus, so gut dies bei ungedienten Männern mit sehr verschiedenem Umfang möglich war, und zeigte, wie durch Anlegen der Hand an die Kopfbedeckung zu grüßen sei. Alsdann stellte ich mich selbst an den rechten Flügel. Da fuhr der Sonderzug ein. Wir hatten Glück, denn genau vor uns hielt der Kaiserwagen. Ein Fenster wurde herabgelassen, und der Monarch erschien in dem Rahmen. Er lachte herzlich über unsere Aufstellung und winkte uns heran.“

Die Audienz am Bahnsteig dauerte sieben Minuten, wobei Hermann Schaefer, der im 5. westfälischen Korps gedient hatte, der Wortführer war. Der Kaiser soll sich bei der Weiterfahrt nach Düsseldorf sehr anerkennend über die Kaisertreue der Wanne-Eickeler geäußert haben. Wegen der vielen Hochrufe und der lärmenden Musik eines Spielmannszuges zu seinem Empfang war ihm entgangen, dass Hermann Schaefer ein Herner war.

Da die gemeinsame Kulturführung vom Kulturverein Herner Netz und dem Stadtteilprojekt Bickern/Unser Fritz am 8. März 2009 um 10.00 Uhr vor dem Hauptbahnhof Wanne-Eickel beginnt, wird dieser Ort besonders herausgestellt. Weitere Stationen sind u.a. das Rathaus, der Mondpalast, die Bergmannssiedlungen an der Hammerschmidtstraße, das Hörstchen und die Mozartstraße. Von 12.30 Uhr bis 14.00 Uhr findet im Kolpinghaus die Lesung zu dem Thema durch den Historiker Wolfgang Viehweger statt.
Die Teilnehmergebühr für Nichtmitglieder beträgt 5,00 Euro. Anmeldungen sind ab sofort möglich unter 02325 / 30679, email: info@hernernetzev.de und im Stadtteilbüro Bickern/Unser Fritz, Wilhelmstr. 65.


Wolfgang Viehweger

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