Nachbetrachtung zur Lesung in der Senioren-Residenz in Recklinghausen am 27. September 2006
Die Herren von Loe und Dorneburg

Haus Loe im 18.Jahrhundert (Lithographie von Hans Sommer)

Zum dritten Mal las der Historiker und Schriftsteller Wolfgang Viehweger am 27. September 2006 in der Senioren-Residenz am Festspielhaus in Recklinghausen. Das kleine Auditorium, welches sich um 18.30 Uhr im Kulturraum eingefunden hatte, bestand aus hochbetagten Bewohnern der Residenz, welche dort betreut wohnen und von der Hotelleitung im Laufe des Jahres viele kulturelle Angebote erhalten. Das Alter spielt dabei keine Rolle, wenn der Geist noch rege und aufnahmefähig ist.


Die Dorneburg (Zeichnung von Wolfgang Ringhut)

Die Dorneburg um 1900 (Zeichnung von Fred Hartwig)

Die Herren von Loe und Dorneburg, wie sie ab 1500 nach der Einheirat des Johann von Loe in das Haus Dorneburg in Eickel hießen, waren eines der ältesten Rittergeschlechter im Vest Recklinghausen. Sie sind beurkundet seit dem 12. Jahrhundert. Große Ländereien gehörten bis zum Aussterben im Mannesstamm im Jahr 1705 zum Besitz der Familie, darunter auch die heute noch existierende Loemühle zwischen Recklinghausen und Marl.
Nach der Einheirat der Familie von Wiedenbrück gingen die Ländereien im 18. Jahrhundert durch Misswirtschaft weitgehend verloren, bis schließlich der Essener Kaufmann von Waldthausen im Jahr 1833 das Haus Loe (an der heutigen Hagenstraße in Marl) aufkaufte. Das dazugehörige Land hatte noch die Größe eines Bauernhofs von 600 Morgen.
Im Jahr 1863 erwarb der Herzog von Arenberg das Haus Loe und ließ es abreißen. Im Gegensatz dazu bestand die Dorneburg noch bis 1945 und wurde, da sie Kriegsschäden erlitten hatte, nach dem Zweiten Weltkrieg abgebrochen.


Judith von Loe und Dorneburg als schwedischer Rittmeister (Zeichnung von Wolfgang Ringhut)

Wolfgang Viehweger ging im zweiten Teil seiner Lesung auch auf Judith von Loe und Dorneburg ein, die „Jeanne d’Arc des Ruhrgebiets“, wie sie hier wegen ihres ungewöhnlichen Lebens von 1650 bis 1721 genannt wird: Judith erlebte nach dem Dreißigjährigen Krieg die jahrelange Besetzung des Hauses Loe durch ein Regiment schwedischer Dragoner. Die Soldaten weigerten sich abzuziehen, weil sie auf die Abdankungsgelder ihres Kriegsherrn warteten. Solange – und das konnte Jahre dauern – musste die Bevölkerung die Soldaten ernähren. Judith lernte früh von ihnen das Reiten, Jagen, Fechten und Schießen, zog im Jahr 1668 mit dem Regiment nach Bremen in das schwedische Hauptquartier und machte dort, verkleidet als Mann, Karriere. Sie brachte es bis zum Rittmeister unter dem Namen „Gent van Oeyen“. 1705 kehrte sie nach Hause zurück, erhielt nach langen Streitigkeiten mit der Verwandtschaft ihren Erbteil von 10 000 Gulden und lebte als Mitglied der Willibrodis-Kirchengemeinde bis zu ihrem Lebensende 1721 in Wesel.

Sechs Moritatentafeln im Restaurant Loemühle und verschiedene Wandmalereien erinnern an das bewegte Leben dieser Frau, der ein normales Familienleben nicht vergönnt war.

Bericht von Gerd Kaemper


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