Ein Kulturschiff für Europa
Herner Bo(o)tschafter auf Jungfernfahrt

Von Wolfgang Viehweger


Susanne Dieterich und Elke Welzel als Jack und Rose
(Foto: Martin Kaiser)

Am Freitag, dem 26. Mai 2006, gingen 200 Künstler, Kulturschaffende und Gäste mit dem Ausflugsdampfer „Friedrich der Große“ von 16.00 bis 19.00 Uhr auf Jungfernfahrt auf dem Rhein-Herne-Kanal. Eingeladen hatte die Herner Kulturdezernentin Gudrun Thierhoff, um die Herner Kulturprojekte für das Jahr 2010 der Öffentlichkeit vorzustellen.

Bald nach dem Ablegen von Horsthausen in Richtung Henrichenburg wurde die Fahrt zu einer fiktiven Suche nach dem „Herzen des Ozeans“ durch das Projekt des Theaters „56 Karat“ unter der Regie von Thos Renneberg. Die Schauspielerinnen Susanne Dieterich und Elke Welzel begaben sich als Forscher auf die Spur eines blauen Diamanten, genannt „Herz des Ozeans“, der beim Untergang der Titanic im Jahr 1912 an Bord und von unvorstellbarem Wert gewesen sein soll.

Gefunden wurde tatsächlich ein Tresor, doch der Diamant blieb verschwunden. Offenbar hat diese erfundene Geschichte von James Cameron in seinem Film „Titanic“ von 1997 der Gruppe „56 Karat“ bei der Namensgebung Pate gestanden. In einem verwirrenden Rollen-, Perspektiv-, Orts- und Zeitwechsel waren die beiden Schauspielerinnen in weiteren Szenen die 17jährige Rose De Witt Bukater mit ihrer strengen Mutter Ruth, die am 10. April 1912 in Southampton an Bord gingen. Sie spielten das Liebespaar Rose und Jack Dawson, das sich im Angesicht der Katastrophe Gedanken über sein zukünftiges Leben machte. Es gelang den beiden, das Publikum zu den 2000 Passagieren der Titanic werden zu lassen und in das Spiel einzubeziehen.

Als Susanne Dieterich und Elke Welzel als Jack und Rose zunächst am Bug und dann an der Reling des untergehenden Schiffes standen, sich umarmten und „My heart will go on“ intonierten, gab es großen Applaus; denn bis auf eine Schiffsglocke, ein kleines Holzmodell der Titanic und einen blauen Schal hatten die beiden ohne Requisiten und ohne Pause über eine Stunde gespielt.

Das Stück, welches Tobias Krechel zu verdanken ist, erinnert an Max Frisch und seinen „Gantenbein“, wenn er ihn sagen lässt: „Ich probiere Geschichten an wie Kleider. Der da erzählt, behauptet nie, dass die Geschichten so geschehen seien, er stellt sie sich nur vor. Jeder Vorgang, jede Handlung kann sich ändern: erst eine große Schauspielerin, dann eine Comtessa, jetzt eine verheiratete Dame ohne Beruf und unversehens wieder eine Schauspielerin.“

Wer „56 Karat“ und die schauspielerischen Qualitäten von Susanne Dieterich und Elke Welzel erleben will, sollte sich folgenden Termin vormerken: 12. Juni 2006, 20.00 Uhr, Flottmann-Kneipe, Flottmannstr. 94 in Herne.
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