Die 16. Exkursion des Herner Netzes e.V. am 17. September 2006
Die Herz-Jesu-Kirche und einige wichtige Straßen in Herne-Süd


Die Herz-Jesu-Kirche in Herne-Süd
(Bild von Bruno Tenschert)

Umgeben von Häusern im Baustil der Wilhelminischen Zeit und den einfachen Zweckbauten nach dem Zweiten Weltkrieg steht die katholische Herz-Jesu-Kirche an der Altenhöfener Straße. Nach der St. Marien-Gemeinde in Baukau war die von Herz-Jesu die zweite, welche sich von der Muttergemeinde St. Bonifatius löste.

Da zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Stahl (Flottmann – Werke) und Kohle (Zeche Shamrock I/II) die Zahl der Katholiken im südlichen Stadtgebiet von wenigen hundert Einwohnern auf über 15 000 anwuchs, war diese Maßnahme notwendig. Im März 1904 kaufte die Gemeinde für 40 000 Mark ein Grundstück von einem Hektar vom Bauern Schulte-Hiltrop. Der Architekt Johann Franz Klomp, der auch die Fassade von St. Marien in Baukau gebaut hatte, entwarf für die neue Kirche eine Basilika mit eingeschobenem Oberhaus im Stil der Neugotik. Am 30. September 1904 konnte der Paderborner Bischof Wilhelm Schneider den Grundstein für das Gotteshaus legen. Nach den Plänen von Johann Franz Klomp übernahm die Herner Baufirma Heinrich Senger die Ausführung. Am 21. Oktober 1906 weihte Dechant Schaefer die Herz-Jesu-Kirche ein. Zusammen mit der damaligen Straßenbebauung bildete das Gotteshaus ein gelungenes Ensemble aus rotem Backstein.


Die Herz-Jesu-Kirche vor dem Zweiten Weltkrieg

Das Markenzeichen der Kirche, die vorgesetzte Doppelturmfassade, wurde leider im Zweiten Weltkrieg von Bomben getroffen, denen der rechte Turmhelm zum Opfer fiel. Er brannte aus und wurde nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut. Ein flaches Dach trübt den Eindruck. Die Kirche wirkt unharmonisch. Betritt sie der Besucher durch das neugotische Portal, empfängt ihn die Atmosphäre des frühen 20. Jahrhunderts. Sitzbänke, Taufstein und Kreuzweg, gestaltet vom Künstler A. Wallner aus Düsseldorf, gehören zur Originalausstattung. Der Hochaltar stammt vom Jahr 1970. Seine vier neugotischen Tafeln aus dem Jahr 1921 wurden erhalten und schmücken ihn.


Die Altenhöfener Straße

Im Gemeindeatlas von Herne von 1823 heißt sie „Altenhöfe“ und ist eine Zufahrt zu dem Hof des Dietrich Althoff, der als erster dieser Familie im Jahr 1542 in der Türkensteuerliste des Amtes Bochum erwähnt wird. Ein Kötter Althoff wird in einem Grenzprozess von 1807 bis 1811 genannt. Eigentümer des Hofes sind im Jahr 1852 durch Testament die Eheleute Friedrich Heinrich Bönnebruch, genannt „Althoff“, und seine Frau Catharina Lisette, geborene Wiesmann. Am 28. April 1896 wird die Straße, die inzwischen zu 10 Höfen und 20 Beamtenhäusern führt, von der Gemeindevertretung Herne in „Altenhöfener Straße“ umbenannt. Ein Teilstück dieser Straße heißt seit dem 27. Februar 1927 „Flottmannstraße“, ein weiteres seit dem 3. Mai 1937 „Jahnstraße“.

Die Bochumer Straße

Die Bochumer Straße war um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine der am meisten benutzten Straßen in Herne, da die Stadt einen Bahnhof hatte, Bochum dagegen noch keinen. Also wurden die Kohlen der Bochumer Zechen über die Straße zum Herner Bahnhof gebracht und von dort über die Köln-Mindener-Eisenbahn verschickt.

Der Aufschwung der Stadt Bochum fand – wie auch der von Herne – durch die Industrialisierung statt. Hatte Bochum, die Stadtrechte gehen auf das Jahr 1321 zurück, zu Beginn des 19. Jahrhunderts 2000 Einwohner, so waren es am Ende des Jahrhunderts bereits 65 000. Durch Eingemeindungen stieg die Zahl bis heute auf etwa 385 000 bei einer Fläche von 145,39 km².

Die Flottmannstraße

Die Straße hieß vor 1927 von der Bochumer Straße bis zur Jahnstraße „Bebelstraße“, von der Jahnstraße bis zur Vödestraße „Altenhöfener Straße“. Der neue Name stammt von der Maschinenfabrik Flottmann. Friedrich Heinrich Flottmann war im Jahr 1902 von Bochum nach Herne übergesiedelt und hatte sie gegründet. Produziert wurden zunächst Maschinen, Dampfkessel und Armaturen, später Kompressoren, Bohrhämmer, Abbauhämmer und Gesteinsbohrmaschinen für die Zechen.

Nach 1945 stieg die Zahl der Beschäftigten, die im Krieg auf 500 gesunken war, wieder auf etwa 1000 Ingenieure und Facharbeiter. Sie ging durch das „Zechensterben“ bis 1982 auf 210 zurück. Seit dem 18. Oktober 1986 sind die ehemaligen Produktionsgebäude ein kulturelles Zentrum der Stadt Herne.

Die Straße des Bohrhammers

Die Straße ist benannt nach dem in langjähriger Forschungsarbeit entwickelten „Druckluft-Bohrhammer mit Kugelsteuerung und selbsttätiger Umsetzung“ durch Ingenieure der Firma Flottmann. Als am 16. März 1904 die Erfindung vom Kaiserlichen Patentamt in Berlin genehmigt wurde, hörte die Handarbeit mit Schlägel und Eisen im Ruhrgebiet auf. Das Tempo des Abbaus der Kohle und die Arbeitsleistung der Kumpels wurden durch den Druckluft-Bohrhammer vervielfacht. Er wurde nicht nur im Kohlen-, Erz- und Salzbergbau auf der ganzen Welt eingesetzt, sondern auch im Straßen-, Eisenbahn-, Tunnel- und Schachtbau. Am 6. August 1951 erfolgte die Benennung der Zufahrtsstraße zum Betrieb Flottmann durch die Verordnetenversammlung der Stadt Herne
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Wolfgang Viehweger

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