Gedanken zu Wolfgang Bessels "Püttmannn auf Ibiza drauf"
Von Wolfgang Viehweger

Wolfgang Bessel, geboren am Fuße der Fördertürme "Shamrock I/II" auf der Shamrockstraße, hat seine gesamte Jugend in Herne verbracht und gewissermaßen den "Ruhrpott" hautnah erlebt. So sind seine Hauptpersonen, Willi Püttmann und dessen Frau Berta in einer Zeit, wo der Bergarbeiter nicht mehr der Fahnenträger des technischen und industriellen Fortschritts ist, sondern nur noch subventionierter Außenseiter, die Helden einer liebevoll gezeichneten Vergangenheit.

Foto:bessel-autor.info
Von seinem Großvater und seinem Vater hat Wolfgang Bessel Bücher und Zeitschriften zur Bergarbeiterdichtung bekommen, so dass seine "Dönekes" (Schmunzelgeschichten) authentisch wirken. Sie sind deshalb besonders unterhaltsam, weil sie in einem Dialekt geschrieben sind, der noch nicht ganz im Hochdeutschen verschwunden ist. Der Autor ist sich dabei bewusst, dass der "Klartext", in dem sich seine Personen unterhalten, das sprachliche Mittel der Unterhaltung zwischen 1850 und 1980 war und zur Veränderung von der bäuerlichen zur industriellen Gesellschaft im Ruhrgebiet beigetragen hat.
Wie kommt es, dass Wolfgang Bessel im Jahr 2006 seine Ruhrpott-Schmunzelgeschichten in einem Sammelband veröffentlicht, da er doch mit seiner Frau einen Teil des Jahres in Spanien verbringt? Hier gibt es einige autobiografische Gründe, welche herangezogen werden können: Es ist der Abstand von Deutschland, gepaart mit ein wenig Heimweh; es ist die Reflexion über die vergangene Jugendzeit in Herne, die in den Schmunzelgeschichten aufgearbeitet wird, und es ist schließlich das Bedürfnis, nahe an der Wahrheit eine Welt zu beschreiben, welche gerade dabei ist, ihre Identität aufzugeben und im sozialen Wandel des Ruhrgebiets eine neue zu finden.
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