11. Exkursion des Herner Netzes nach Sodingen
Ins „Revier der Bachstelzen“

Von Wolfgang Viehweger


Das höchste Bauwerk in Sodingen, der Volksparkturm,
früher „Kaiser-Wilhelm-Turm“ oder „Bismarckturm“ genannt.
(Zeichnung von Bruno Tenschert)


Am Sonntag, dem 22. Januar 2006, führt die 11. Stadtteilexkursion des Herner Netzes nach Sodingen, ins „Revier der Bachstelzen“, wie die freie Übersetzung von „Sothinke“ lautet. Um 10.30 Uhr treffen sich die Heimatfreunde vor der Akademie, sofern sie zu Fuß oder mit dem Auto kommen. Die anderen fahren um 10.15 Uhr vom Herner Bahnhof mit der Linie 311 zum Treffpunkt.

Stationen der Führung werden sein: Die Akademie Mont Cenis, das Pestkreuz an der Linde auf dem Weg nach Castrop, die katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul, der Friedhof mit der Familiengruft der Gallands, das Marienhospital II, die St. Johannis-Kirche und natürlich das höchste Bauwerk in Sodingen, der Volksparkturm, früher „Kaiser-Wilhelm-Turm“ oder „Bismarckturm“ genannt. Bis zur Plattform führen 130 Stufen. Sie erfordern einige bergsteigerische Fähigkeiten. Oben wird man belohnt mit einem Blick zum Dortmunder Fernsehturm im Osten und der Schalker Arena im Westen. Gegen 12.30 Uhr geht es zum „Haus Wiesmann“, wo der Historiker Wolfgang Viehweger (nach dem Mittagsessen) über die Zeche Mont Cenis und die Akademie seine Lesung hält. Dabei werden auch noch Fragen geklärt, die sich bei der Exkursion ergeben haben. Gegen 14.00 Uhr endet die 11. Exkursion, die diesmal für die Mitarbeiter des Herner Netzes besonders schwierig vorzubereiten war, weil das meiste Archivmaterial über Sodingen im Stadtarchiv von Castrop-Rauxel lagert.

Die Kirchengemeinden in Sodingen

Die katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gelingt es dem Kirchenvorstand der Gemeinde Börnig-Sodingen, eine eigene Pfarrkirche zu bauen und sich damit aus dem Kirchspiel Castrop auszugliedern.

Unter der tatkräftigen Leitung des Pfarrers Keweloh wird die neue Pfarrei Börnig-Sodingen mit der Gemeinde Gysenberg am 8. August 1899 auf dem Kirchengrundstück der Mutterpfarrei St. Lambertus (Castrop, Flur 22 Nr. 777/306 und 777/307; heute: Ecke Kirchstraße/Widumerstraße) errichtet. Dazu kommt ein eigener Friedhof neben der Kirche, so daß die Katholiken der drei Gemeinden ihre Toten nicht mehr in Castrop beerdigen müssen. Rentmeister (Güterdirektor) Felix Galland hat im Kirchenvorstand zu dem finanziellen Gelingen des Vorhabens erheblich beigetragen.

Der Friedhof von St. Peter und Paul

Die Gallands, seit 1742 in Diensten der Grafen von Westerholt-Gysenberg, errichten auf dem Friedhof ihre Familiengruft und bestatten dort ihre Angehörigen. So kann man u.a. das Familiengrab des Rentmeisters Adolf Galland und seiner Frau Änne besuchen. Sie sind die Eltern des berühmten Generals und Inspekteurs der Luftwafffe Adolf Galland. Bei ihren Eltern ruhen die jüngeren Söhne Wilhelm-Ferdinand und Paul, ebenfalls bekannte Jagdflieger. Paul wurde am 31. Oktober 1942 abgeschossen; Wilhelm-Ferdinand fiel im Luftkampf am 17. August 1943. Der am 19. März 1912 geborene Adolf starb erst am 9. Februar 1996 in seinem Haus in Oberwinter am Rhein. Bestattet ist er auf dem Friedhof der dortigen Pfarrkirche St. Laurentius.

Die evangelische St. Johannis-Kirche

Der Kirchweg führte bis 1891, dem Jahr, in dem die Mont-Cenis-Straße gebaut wurde, über die heutige Händel- und Ringstraße durch die Börniger Büsche unterhalb des Volksparks durch eine tiefe Schlucht bei der Gaststätte Döhrmann und weiter durch die Feldmark von Börsinghausen. Über diesen weiten im Herbst und Winter beschwerlichen Weg gingen die Sodinger zur Lutherkirche in Castrop. Auch die Särge der Verstorbenen wurden auf Ackerwagen zum Friedhof der Lutherkirche gebracht. Der Weg zur Kirche dauerte bis zu einer Stunde.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts wohnten in der ländlich geprägten Gegend etwa 15 evangelische Familien, die Zahl der katholischen Einwohner überwog. 1875 nahm die Zeche „Mont Cenis“ in Sodingen die Förderung auf. Eng verknüpft mit dem Aufblühen der Industrie war das starke Anwachsen der Belegschaft und damit der Einwohnerzahl der alten Bauernschaft. Durch die zunehmende Bevölkerung wurde eine Betreuung der verstreut wohnenden Gemeindemitglieder in Sodingen, Börnig, Holthausen und Gysenberg schwieriger.

Nach Abteufen des Schachtes II der Zeche Mont Cenis im Jahr 1893/94 stieg die Zahl der evangelischen Gemeindeglieder in Sodingen weiter an, so daß das Presbyterium der Kirchengemeinde Castrop im Jahr 1900 beschloß, in Sodingen eine eigene Kirche zu errichten.

Kirchenbaumeister G.A. Fischer aus Barmen, der auch die Lutherkirche in Castrop und die Christuskirche in Wanne entworfen hatte, wurde mit der Planung beauftragt. Die Grundsteinlegung der evangelischen Kirche Sodingen erfolgte am 16. August 1903. Der Bauplan sah eine langschiffige Kirche mit Erweiterungsmöglichkeit durch den Anbau eines Kreuzschiffes mit etwa 600 Sitzplätzen vor. Der Baupreis ohne Orgel und Glocken belief sich auf 72.000 Reichsmark.

Nach einer Bauzeit von nur 15 Monaten fand am Sonntag, dem 30. November 1904, die feierliche Einweihung der im neugotischen Stil errichteten evangelischen Kirche von Sodingen statt. Dazu kamen ein Pfarrhaus und ein Friedhof.

Die Anmeldung zur Exkursion ist für Führung und Lesung bindend, da Verpflichtungen vom Herner Netz gegenüber den Restaurants hinsichtlich der Reservierung eingegangen werden. Für Mitglieder ist die Teilnahme kostenlos. Nichtmitglieder zahlen zu Beginn der Exkursion 5 Euro zur Deckung der Kosten. Weitere Informationen unter Tel. 02323-9871884.

Herner Feuilleton, den 10. Januar 2006

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