Beitrag zur 15. Exkursion des Herner Netzes e.V. am 20. August 2006
Der alte jüdische Friedhof am Hoverskamp (nach: Benno Reicher, Jüdische Geschichte und Kultur in NRW, Verlag Klartext, Essen 1993)

Klaus Favreau
Die Synagoge in Herne
(Bild von Fred Hartwig)

In der Bundesrepublik gibt es heute mehr als 1600 jüdische Friedhöfe, ein Drittel davon in Nordrhein-Westfalen. Einer von ihnen ist der alte jüdische Friedhof von 1879 am Hoverskamp in Herne-Baukau mit 80 Begräbnisstätten, die in den Jahren 1975 und 1979 geschändet wurden und wieder in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rückten.

Auch das Umweltamt der Stadt Herne hat über die Bedeutung der Anlage und die jüdischen Gräber eine kleine Dokumentation herausgegeben, welche nicht nur die Existenz des Friedhofs würdigt, sondern auch einiges zu seiner religiösen Bedeutung sagt.
Nach der Tradition des Judentums gehört dem Toten sein Grab bis zur Endzeit, weshalb jüdische Gräber nicht – wie etwa christliche – auf einen bestimmten Zeitraum von 20 oder 30 Jahren angelegt werden. So spielte es keine Rolle, dass im Jahr 1904 die Stadt Herne einen neuen Zentralfriedhof für alle Religionsgemeinschaften an der Wiescherstraße errichtete. Der alte Friedhof konnte nach dem Willen der jüdischen Gemeinde nicht aufgelassen werden, die Toten wurden nicht umgebettet. Das hätte eine Störung der Totenruhe bedeutet und die wehrlosen Toten völlig entehrt.
Anlage und Ausgestaltung des Friedhofs sagen etwas über das Verhältnis von Juden und Nichtjuden aus. Deshalb findet man beim Rundgang unterschiedliche Grabsteinformen und Inschriften, einige in Hebräisch, andere in Deutsch, wieder andere zweisprachig. Aus kunsthistorischer Sicht ist es wichtig, dass die Gesamtheit des Friedhofs erhalten geblieben ist. Das gilt besonders für die Stadt Herne, da heute kein unveränderter Friedhof aus dem 19. Jahrhundert hier mehr anzutreffen ist.

Auf dem Zentralfriedhof an der Wiescherstraße befindet sich lediglich noch ein jüdisches Grab. Die anderen jüdischen Gräber mit den Toten aus der Zeit von 1904 bis 1938 sind verschwunden. Aber auch diese Toten werden von Angehörigen besucht, weil sie noch wissen, wo sie bestattet worden sind.

Wolfgang Viehweger

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