Léopold Sédar Senghor zum 100. Geburtstag am 9. Oktober 2006
Le métissage culturel (Die kulturelle Mischung)
« J’ai rêvé d’un monde de soleil dans la fraternité de mes frères aux yeux bleus. »

Der am 9. Oktober 1906 in Joal bei Dakar geborene Sohn eines christlichen Großgrundbesitzers erhielt nach dem Abitur in Dakar ein Stipendium an der Sorbonne in Paris. Im Jahr 1935 bestand Léopold Sédar Senghor als erster Afrikaner das Staatsexamen für das höhere Lehramt in den Fächern Griechisch, Latein und Französisch. Aus dieser Zeit stammt sein erster Gedichtband „Chants d’ombre“.

Nach Kriegsbeginn geriet er 1940 in deutsche Kriegsgefangenschaft, kehrte 1944 nach Paris zurück und arbeitete dort bis 1946 als Hochschulprofessor. Als senegalesischer Abgeordneter in der französischen Nationalversammlung setzte er sich für die Unabhängigkeit seiner Heimat ein, allerdings mit engen kulturellen und wirtschaftlichen Bindungen zu Frankreich. Im November 1958 erhielt der Senegal innerhalb der französischen Gemeinschaft (Communauté Française) die innere Autonomie. 1960 wurde Senghor Staatspräsident und blieb es 18 Jahre. Die Amtsperiode zeigte, dass er ein besserer Dichter war als ein Politiker in einem Kontinent des Umbruchs.

1968 erhielt Senghor den Friedenspreis des deutschen Buchhandels für seine Werke (Schwarze Hostien, Äthiopische Gesänge, Gedichte und Essays) und zog sich 1978 freiwillig aus der Politik zurück. Die letzten 20 Jahre seines Lebens lebte er in Verson (Normandie), dem Heimatort seiner zweiten Frau. 1983 wurde er als erster Afrikaner in die Académie française gewählt und gehörte damit zu den 40 „Unsterblichen“ im Olymp der französischen Literatur.
Am 20. Dezember 2001 starb Léopold Sédar Senghor im Alter von 95 Jahren. Zum Schluss der kurzen Biographie eine lyrische Leseprobe:

Femme noire

Femme nue, femme noire
Vêtue de ta couleur qui est vie, de ta forme qui est beauté
J’ai grandi à ton ombre ; la douceur de tes mains bandait mes yeux.
Et voilà qu’au cœur de l’Été et de Midi,
Je te découvre,
Terre promise, du haut d’un haut col calciné
Et ta beauté me foudroie en plein cœur, comme l’éclair d’un aigle.

Wolfgang Viehweger

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