Erinnerung an Fred Endrikat
Aus: Das große Endrikat-Buch, Verlag Blanvalet, München 1979



Einbandzeichnung von Stich nach einem Holzrelief
von Michael Komerowsky aus dem Jahr 1940


Die Künstlerin Lore Braun erinnert sich:

In den letzten Jahren vor seinem viel zu frühen Tod im Sommer 1942 reiste er mit einem eigenen kleinen Ensemble herum. Er nannte es „Die Arche“, das „Kabarett der tödlichen Langeweile“. Und seine Mitglieder, die er liebevoll seine Kumpel nannte, waren die Archenviecher. Im Programm standen hinter unseren Namen nicht etwa die sonst üblichen Bezeichnungen, wie „der glänzende Parodist“ oder „die unübertreffliche Vortragskünstlerin“, sondern: „der typisch hoffnungslose Fall“ oder „nicht mehr ganz jung – und schon so untalentiert“, was sich auf seine viel jüngere Frau und Partnerin Irmgard Borchardt bezog. Sich selber nannte er „der charmante Trauerbote“, und hinter meinem Namen stand schlicht: „Besser sie – als gar keine Künstlerin“.

Fred Endrikats Frau Irmgard über den Dichter:

Fred gab manchen Bäumen die Namen seiner Freunde. Auch alle Tiere hatten ihre Namen. „Mutter Nolte“ wohnte in unserem Keller: eine alte fette Kröte, die unwissende Besucher erschreckte. Doch wir liebten sie, weil sie unseren Keller von Asseln und anderem unerwünschten Ungeziefer frei hielt. Anfang des Krieges kaufte Fred eine Ziege, „Genoveva“, die ihm wie ein Hündchen folgte. Die Bäuerin, die uns die Ziege verkaufte, lehrte mich, Genoveva zu melken. Ich lernte melken, doch anscheinend tat ich es nicht gut genug und war zu langsam. Nach ein paar Minuten legte sich Genoveva platt auf die Erde, und nichts konnte sie bewegen, aufzustehen, bis ich mit meinem Eimer verschwand. Fred fand schließlich einen Ausweg. Er schnitt Zweige von Büschen und jungen Bäumen, die liebte Genoveva besonders. Wenn es Zeit zum Melken war, streichelte Fred die Ziege, redete ihr gut zu und fütterte sie mit den Zweigen, während ich hoffte fertig zu werden, bevor sie alles aufgefressen hatte.



Mir selbst ins Stammbuch

Jeder dünkt sich, Gottes Ebenbild zu sein,
doch die Taten sind so grundverschiedentlich.
Mag der liebe Himmel uns dereinst verzeihn,
denn er schuf den großen Goethe – und auch mich.

Wolfgang Viehweger

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